Kommentar zur vergangenen Woche – KW38
What the f***?
Cancel-Culture und Woke-Culture. Es ist schon einzigartig, was der Mensch aus seiner Freiheit macht. Rechte wurden über die Jahrhunderte blutig erkämpft, wir denken an die französische Revolution, Philosophen haben ihr gesamtes Leben der Freiheit und Selbstbestimmung gewidmet – zu erwähnen wäre John Stuart Mill. Und dann kommen ein paar Idiotenbubis und -mädis und Nonbinärwesen an den Universitäten daher und schießen sich täglich ins eigene Knie. Eine Form der erweiterten Selbstgeißelung, der wir nur dadurch Einhalt gebieten können, indem wir unsere Ablehnung öffentlich kundtun. Sonst kommt ein Phänomen zu tragen, das Elisabeth Noelle-Neumann als „Schweigespirale“ und Jahre später Ulrike Ackermann als „Neue Schweigespirale“ bezeichnet. Der amtierende österreichische Außenminister freut sich über dieses Verhalten – immerhin äußerte er sich zu den ihm geltenden Buhrufen bei den diesjährigen Salzburger Festspielen dahingehend – dass es eben auf diese „schweigende Mehrheit“ ankomme in einer Demokratie. Schnell aufwachen Freunde und in den Diskurs einsteigen. Wäre da nicht ein angeblicher Energieengpass, ein bevorstehender atomarer Weltkrieg und Knappheit bei so circa jedem Gut, das momentan produziert wird. Einschließlich der Buslenker in Kärnten. 80 fehlen, wie ich in einem Kärntner Qualitätsblatt lese. Bei solchen Aussichten sich noch hinstellen und eine eigene Meinung vertreten? Jetzt nicht pässlich. Irgendwelche Rechte von irgendwelchen Minderheiten, Identitäten, Gruppen werden in jedem Fall verletzt – Somit die beste und (wissenschaftlich bewiesen schlechteste) Variante – das Maul zu halten … Ja, das können wir. »Halts Maul Frieda und geh kochen!«
„Es ist besser ein unzufriedener Mensch zu sein,
als ein zufriedenes Schwein.“
[John Stuart Mill]
Tiny-Häuser zum Preis eines echten …
Neulich las ich einen Artikel über eine Steirerin, die sich für ein Tiny-Haus entschieden hat. Sie kennen den Begriff? Das sind diese rollenden Vogelställe, die man in der Pampa abstellt und dann die große Freiheit auf Rädern genießt. Auf 12 oder 14 Quadratmetern ein wunderbares Leben lebt. Frei von allen Konventionen. Mit hochklappbarer Couch und runterklappbarem Gas[Uih!]ofen. Und noch dazu energiesparend, keine Flächenversiegelung und kein Raubbau an Schwarzarbeitern, die Ziegelwände hochziehen. Kein Ärger mit dem Hafner, der nicht und nicht den Kachelofen setzen will. Wer weiß, ob der überhaupt kommt?! Der pfuscht bis 2025. Da ist es doch naheliegend, die Regenwasseraufbereitung mit einem Solarschüsserl und Bioscheißen vorzuziehen. Die größte Überraschung ist aber der Preis. Es kostet fast so viel wie ein echtes Ziegelhaus! Ist das nicht toll? Jeder Jugendliche oder jede Studierende kann sich das heute locker leisten. Und dazu ein Auto, aber nicht kaufen. Ein Abo ist state-of-the-art. In Österreich im Boom. Ab 1.000 Euro monatlich für einen Tesla sind sie dabei. Bei Eduscho. »Eine röstfrische Mischung bitte, zwei Päckchen Caffissimo und ein Tesla-Abo.« Mal ehrlich? Wollen Sie in einem Hühnerstall leben? Freiwillig nicht. Ich sage Ihnen auch warum. Je enger die Behausung, desto enger die Gedanken. [Gegenteiliges lässt sich nicht bestätigen.] Der Markt sieht das jedenfalls anders. Der Markt lebt von der Kurzlebigkeit der Produkte. So ist auch die aktuelle AK-Studie zu lesen, die den Wohnungsmarkt in Wien unter die Lupe genommen hat. Interessantes Ergebnis. Die Wohnungen sind völlig verplant, unter Verwendung miserabler Materialen und schlechten Lichts, an den Bedürfnissen der Mieter vorbei – jetzt kommts: zu restlos überzogenen Preisen. Da freut sich das kalkulierende Wirtschaftsgenie. Abfallprodukte mit Ablaufdatum zu Preisen von hochwertigen Qualitätsprodukten. Und hören Sie diesbezüglich etwas von der Europäischen Kommission? Schweigen über Euro Disney. Kein Wunder, dass wir ein METAVERSE brauchen …
Der Wiener Flughafen
Ich finde das bemerkenswert. Sie nicht? Der Wiener Flughafen gehört NICHT den Österreichern. Na ja, in Klagenfurt kann man sich das nicht abgeschaut haben. Eher umgekehrt. Nein, Spaß beiseite. Etwa zehn Eigentümern, die meisten mit Steuersitz auf den Cayman Islands oder den Bermudas gehört der Wiener Flughafen. Und jetzt will ihn noch ein australischer Fonds mit Sitz auf den Kaimaninseln übernehmen. So sieht also der verantwortungsvolle Umgang mit unserer Infrastruktur aus. Das Prinzip ist seit Jahren klar. Outsourcing zu Deutsch auslagern und privatisieren, was möglich ist. Verscherbeln wir die Kronjuwelen. Seen, Ländereien, Bauwerke, U-Bahnen, Flughäfen, Funktürme, Abbaurechte, Leitungen … Erwachet Freunde und stellt die Weichen. Wie war das mit dem Gas?
„Österreich ist ein Labyrinth, in dem sich jeder auskennt.“
[Helmut Qualtinger]
Füllspritze an Kärntner Gemeinden [Nachtrag]
Der Präsident des Kärntner Gemeindebunds Günther Vallant bezeichnet die an 132 Kärntner Gemeinden für Impflobbying ausbezahlte stattliche Summe von 4,6 Millionen Euro wörtlich als »Geldverbrennung«. Impflotterien, Inserate und Postwürfe würden damit finanziert. Fakt ist, das Geld wird in wichtigeren Bereichen dringender benötigt. Die Stadt Villach hat sich gedacht, wir machen uns damit nicht die Hände schmutzig, sollen das die Vereine tun. Mit VEREINten Kräften … Effektiver Einsatz von Steuermitteln sieht anders aus. Um mit den Worten unseres Nachbarlandes zu sprechen: „Kannste anders?“ „Yes, kannste.“
Wer viel für Wenige tut, tut wenig für Viele … das aber mit System 🥲
Danke Gerald,
dass Du mit „Freistil“ die längst vergessene Disziplin des Hinterfragens neu aufleben lässt. Das vermeintlich Alternativlose schonungslos aufbrichst und ihm den Nimbus des Unabänderbaren nimmst.
Das journalistisch-literarisch-philosophische Ergebnis rüttelt ob seiner Aktualität auf, erheitert ob seiner Skurrilität und verwundert ob seiner gedanklichen Breite. Von der EU-Kommissionspräsidentin bis zu „Frieda am Herd“ ist es vermutlich nicht nur buchstäblich ein kurzer Weg. Denn betroffen oder Betroffene sind wir irgendwie alle.
Demokratiepolitisch ein mutiger und wichtiger Akt, den zu lesen es sich lohnt.